Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester
Gabriel Esteban, Cello
Kai Bumann, Leitung
Programm
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky
Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester, op.33
Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 7 C- Dur, op. 60
Das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester ist ein Orchester der besonderen Art: Aus der ganzen Schweiz kommen bis zu hundert junge Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 15 und 25 Jahren zusammen und führen unter der Leitung des Dirigenten Kai Bumann anspruchsvolle Werke aus allen Epochen der klassischen Musik auf. Viele der ehemaligen SJSO-Musikerinnen und -Musiker sind heute in renommierten Berufsorchestern engagiert. Wir freuen uns, das SJSO 2019 wieder hier bei uns in Schaffhausen begrüssen zu dürfen!
Die Rokoko-Variationen für Violoncello und Orchester widmete Pjotr Iljitsch Tschaikowsky seinem Freund, dem deutschen Cellisten Wilhelm Fitzenhagen. Mit den Rokoko-Variationen blickt Tschaikowsky wie durch ein Fernglas zurück in eine längst versunkene Welt. In eine Welt, die er offenbar als heil und unbeschwert empfand. Das Werk entstand in einer ausgesprochen schweren Lebensphase des Komponisten und in den «Variationen» wird die Sehnsucht nach einer anderen, besseren Welt hörbar. Gemeint ist dennoch nicht die höfische Rokoko-Welt aus Perücken, Puder und Tanz, sondern eine Klangwelt, die Tschaikowsky kurzerhand mit dem Begriff «Rokoko» bezeichnete: Die Klangwelt des 18. Jahrhunderts. Die Musik des – in Tschaikowskys Worten – «sonnigen Genies» Wolfgang Amadeus Mozart rühre ihn «zu Tränen».
Die 7. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch ist eine Legende. Am 22. Juni 1941 griff die Wehrmacht die vollkommen unvorbereitete Sowjetunion an. Russland befand sich im Krieg mit Nazi-Deutschland, mit dem es sich gerade noch trügerisch im Nicht-Angriffs-Pakt wähnte. Schostakowitsch bemühte sich mehrfach, zur Roten Armee eingezogen zu werden, doch er wurde abgelehnt: Sowjetkünstler sollen nicht den Kanonen geopfert werden. Immerhin durfte er als Mitglied der Brandwache einen Beitrag zur Verteidigung leisten und so verbrachte er ganze Nächte im Feuerwehrschutzanzug auf dem Dach des Konservatoriums. Währenddessen versuchte er sich auf seine Sinfonie zu konzentrieren. Als im September die Wehrmacht begann, Leningrad systematisch von seinen Versorgungswegen abzuschneiden und auszuhungern, weigerte sich Schostakowitsch, seine geschundene Stadt zu verlassen.
Er wollte den Faden zu seinem Werk nicht verlieren und den leidenden Menschen mit seiner Sinfonie Halt bieten. Erst Anfang Oktober gab er seinen Widerstand auf und liess sich evakuieren. Die ersten drei Sätze der Sinfonie waren geschaffen, den letzten Satz schrieb er in Kuibyschew an der Wolga. Dass die so entstandene Sinfonie von vornherein mystifiziert und ideologisch überhöht wurde, konnte nicht ausbleiben. Die Deutung des Werkes war sogleich eine abgemachte Sache: Die «Leningrader» galt als ein Werk gegen den Faschismus. Würde man die Sinfonie jedoch ohne jede Kenntnis ihrer Entstehungsumstände und politischen Vereinnahmung hören, nähme man vielleicht vor allem wahr, dass neben den brutalen, bedrohlichen und lauten Klängen viele intime und nach Innen gekehrte Stellen von berührender kammermusikalischer Behutsamkeit zu hören sind, die zart und fragil ihre eigenen Wege gehen.
Seine Sinfonie ist kein patriotisches Manifest, sondern eine überzeitliche und universale Klage gegen Unrecht und Leid einer inhumanen Welt.
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